Lästiges Kribbeln im Hals, Schnupfen, Husten, Kopf-und Gliederschmerzen, Fieber – treten diese Symptome schleichend auf, dann ist es nur ein grippaler Infekt. Mehr als 200 Erreger (Viren) können eine Erkältung auslösen, die mit Ruhe und Hausmitteln meist nach neun Tagen vorbei ist. Wenn nicht, ist spätestens dann ein Besuch beim Hausarzt geraten. „Die echte Grippe hingegen kommt schlagartig“, sagte Professor Martin Scherer, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Allgemeinmedizin (IPA) auf der Gesundheitsakademie UKE und fügte hinzu: „Eben war man noch kerngesund, dann hat man plötzlich hohes Fieber, leidet an Hals-, Kopf- und Gliederschmerzen. Man fühlt sich, wie vom Zug überfahren.“ Doch auch dann hilft zunächst nur: Ruhe, Tee trinken und je nach Beschwerden Nasenspray, schleimlösende Mittel oder Schmerzmittel nehmen. Bei stärkeren Beschwerden oder hohem Fieber sollte unbedingt die Hausärztin oder der Hausarzt kontaktiert werden.
Die echte Grippe wird immer von Influenza-Viren ausgelöst. Obwohl sie sehr einfach sind, jedes einzelne besteht nur aus acht Genen, überlistet sie unser Immunsystem immer wieder. Zwar ist unser Abwehrsystem ist sehr schlagkräftig. Und die meisten Erreger schaltet es aus, bevor wir davon überhaupt etwas bemerken. Denn unser angeborenes Immunsystem, das uns in die Wiege gelegt wurde, spürt die meisten Erreger binnen Stunden auf und zerstört sie. Doch das erworbene Immunsystem muss seine Herausforderer erst kennenlernen.

Eine zentrale Rolle spielen spezielle weiße Blutkörperchen, die Lymphozyten. „Im Verlauf des Lebens erwerben wir eine gigantische Bibliothek von Informationen über Erreger, die Antikörper“, erläuterte der Allgemeinmediziner. Sie greifen unterschiedliche Erreger gezielt an. Die Antikörper erkennen unterschiedliche Erreger, weil sie auf unterschiedliche Strukturen auf deren Oberfläche, den sogenannten Antigenen, reagieren. So wie ein Schlüssel zu einem Schloss passt, existiert zu jedem Antigen ein spezieller Antikörper. Sind die Lymphozyten einmal mit einem bestimmten Antigen in Berührung gekommen, können sie sich lebenslang daran „erinnern“ und lösen bei einem erneuten Angriff sofort eine komplexe, spezifische Reaktion aus.
„Eine Impfung ist nichts anderes als eine Schulstunde für das Immunsystem. Es wird trainiert, damit es Antikörper bildet, die die Erreger zerstören können“, erläuterte der Allgemeinmediziner. Allerdings liege die Wirksamkeit einer Grippeimpfung nur bei 50 Prozent – im Unterschied zu der gegen Masern. Hier seien anschließend 99 von 100 Geimpften gegen eine Erkrankung geschützt. „Das ist aber kein Grund, sich nicht gegen Grippe impfen zu lassen“, unterstrich der Mediziner, der nach eigenem Bekunden „kein Freund der Impfpflicht, aber ein Freund der Impfung sei“. Er riet, dass sich die Menschen unbedingt impfen lassen sollten, die älter als 60 Jahre sind, die unter Atemwegs- oder Kreislauferkrankungen leiden, die beruflich viel mit Menschen zu tun haben oder mit Menschen zusammenleben, deren Immunsystem geschwächt ist. Auch Schwangere ab dem 2. Drittel der Schwangerschaft zählen dazu. Die Impfungen müssen im Herbst, vor der „Erkältungssaison“ erfolgen.
Im Unterschied zu vielen anderen Impfungen, muss die Grippeimpfung jedes Jahr durchgeführt werden. Zwar sind es immer Influenza-Viren, die die Grippe auslösen, aber diese Viren sind sehr wandelbare Wesen. Sie verändern binnen eines Jahres ihr Äußeres so, dass die selbst die gut trainierte körpereigene Abwehr sie nicht als fremd erkennt. Der Impfstoff muss daher jedes Jahr neu an die dann herumflieenden Erreger angepasst werden, damit er wirksam ist.
Ansonsten sei eine Grippe, auch wenn mit ihr viele tragische Geschichten verbunden seien, meist wenig dramatisch. „Wir raten wir zur Entlarmisierung “, betonte Prof. Scherer auf dem Markt der Gesundheit, denn für einen gesunden Menschen mit einem intakten Immunsystem sei die Grippe in der Regel nicht lebensbedrohlich. „Die meisten Menschen, die an Grippe erkranken sind nach sieben bis 14 Tagen wieder gesund.“
Die Medikamente, die Grippeviren direkt bekämpfen sollen (Neuraminidasehemmer), hätten die ursprünglich in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt. „Im Regelfall kann auf eine Behandlung mit diesen Medikamenten verzichtet werden. Und Antibiotika seien völlig unangebracht, wirken diese doch nur gegen Bakterien und nicht gegen Viren.
Damit die Viren – egal ob Erkältungs- und Grippeviren – uns nicht so leicht infizieren können, gibt es kein Patentrezept. Doch man kann was tun. Professor Scherer riet: Regelmäßig gut die Hände waschen, sich nicht die Hände reichen, große Menschenmassen meiden, Zimmerluft ausreichend feucht halten und das Immunsystem mit gesunder Ernährung und Bewegung möglichst an frischer Luft stärken. Auch regelmäßig Saunabesuche unterstützen die Widerstandskräfte. „Zwar kann man die Viren so nicht in die Flucht schlagen, aber auf Dauer ist es gut für das Immunsystem“, so der Allgemeinmediziner. Auf dem Markt der Gesundheit gab es viele Anregungen für mehr Bewegung, weniger Stress und leckeres Essen.