Waren sie schon einmal verliebt? Hatten sie schon einmal eine dicke Erkältung? Wie hat sich das angefühlt? Leises Gemurmel breitete sich im Hörsaal aus. Mit seinen Fragen zu Beginn seines Vortrages weckte Professor Bernd Löwe bei den Besucherinnen und Besucher der Gesundheitsakademie UKE Erinnerungen an Herzklopfen und „Schmetterlinge im Bauch“ beziehungsweise Lustlosigkeit, Abgeschlagenheit und Müdigkeit. „Psychische Zustände machen etwas mit unserem Körper“, so der Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, um gleich noch ein Beispiel hinzuzufügen: Wer beispielsweise gern, um nicht zu sagen leidenschaftlich gern Fußballspiele anschaut, erhöht sein Risiko für einen Herzinfarkt. Im WM-Jahr 2006 beispielsweise hatten Notaufnahmen bei den Spielen Deutschland gegen Italien und Deutschland gegen Argentinien besonders viel zu tun. Was uns also im alltäglichen Leben bewegt, kann (starke) Auswirkungen auf unseren Körper haben.
Die fünf häufigsten Beschwerden, die im Alltag auftreten, sind Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Erschöpfung, Schmerzen in Armen, Beinen oder den Gelenken sowie Kopfschmerzen. „Körperbeschwerden sind also unser ständiger Begleiter im Alltag. Mal zwickt der Kopf, mal juckt die Haut, mal grummelt der Magen, mal tränen die Augen oder die Knochen schmerzen,“ sagt der Mediziner, der zugleich Psychologe ist. Die meisten Beschwerden verschwinden binnen Stunden oder Tage wieder.
Halten sie aber länger an, bleiben sie gar dauerhaft bestehen und werden keine körperlichen, also biologischen Ursachen entdeckt, dann kann der Besuch einer Fachärztin oder eines Facharztes für psychosomatische Medizin angeraten sein. „Denn selbst wenn keine hinreichende körperliche Ursache für die Beschwerden gefunden werden können, bleiben die Körperschmerzen ja bestehen. Sie sind einfach da“, betonte Professor Löwe. Und das ist gar nicht so selten. Für ein Drittel aller körperlichen Beschwerden, über die Betroffene in Praxen und Kliniken berichten, gibt es keine medizinische Erklärung; am häufigsten für Bauchschmerzen, für Brustschmerzen, für Kopfschmerzen sowie für Rückenschmerzen.

„Wir wissen, dass jede Krankheit eine biologische, eine psychologische und eine soziale Komponente hat. Sie sind nur unterschiedlich stark ausgeprägt“, erläuterte der Mediziner. Um zu einer Empfehlung für eine Therapie zu kommen, betrachtet die psychosomatische Medizin alle drei Komponenten und ihre Wechselwirkungen. Das bio-psycho-soziale Modell ist die Basis, um Störungen und Krankheiten zu erklären und zu verstehen.
Lösen psychische oder auch soziale Belastungen die körperlichen Beschwerden aus, dann versuchen die Mediziner gemeinsam mit der oder dem Betroffenen das Belastende aufzuspüren und herauszufinden, wie ein beschwerdefreies Leben möglich ist. Dabei führt nicht jede psychische und soziale Belastung automatisch zum Arzt. „Seelische Hochs und Tiefs kennt fast jeder. Die meisten Menschen kommen mit dem Auf und Ab ihres Seelenlebens sehr gut allein zurecht. Viele tauschen sich darüber mit ihrem Lebenspartner oder ihren Freunden aus und finden wieder zu einem inneren Gleichgewicht. Manchmal reichen jedoch solche Gespräche mit vertrauten Personen nicht aus. Wenn eine psychische Krise über Wochen andauert, ist ein erstes Gespräch mit einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten ratsam“, zitierte Professor Löwe die Bundes Psychotherapeuten Kammer.
Damit wir gesund bleiben können, bedarf es eines Gleichgewichts von körperlichem, seelischem und sozialem Bereich. Es gelte also das Team von Körper und Seele zu stärken, damit es Herausforderungen gesund bewältigen kann. Konkrete Tipps, die auf dem Markt der Gesundheit im Anschluss an den Vortrag noch weiter vertieft wurden, lauteten:
- Erholen Sie sich, wie es Ihnen gut tut:
Wer sich aufgekratzt und unruhig fühlt, braucht eher Ruhe; wer missgelaunt und genervt ist, braucht eher ein schönes Erlebnis; wer sich unterfordert fühlt, braucht eher eine Herausforderung; wer erschöpft ist, sich ausgelaugt fühlt, braucht eher Ruhe. - Bereichern Sie Ihr Leben, indem Sie die kleinen Dinge genießen. Wann haben Sie beispielsweise das letzte Mal ein Stückchen Schokolade genussvoll auf der Zunge schmelzen lassen oder den Duft und die Farben eines Waldes auf sich wirken lassen?
- Bleiben Sie in Bewegung – vor allem im Alltag.
- Nehmen Sie sich die Zeit für gesundes und erholsames Schlafen.
Doch auch in Arztpraxen und Kliniken müsste die Vorsorge noch viel weiter gehen. Eine Studie aus den USA zeigt eindringlich, wie stark Erleben die Gesundheit beeinflusst. Kinder, die traumatische Ereignisse erleben, haben als Erwachsene ein höheres Risiko einen Schlaganfall zu erleiden – und das Risiko steigt mit der Anzahl der traumatisierenden Erlebnisse. Es wäre also sehr sinnvoll, kindliche Traumata früh aufzulösen. (ang)
Öffentliche Berichterstattung:
Hamburger Abendblatt:
https://www.abendblatt.de/hamburg/article227729867/UKE-Wie-Psyche-und-Krankheiten-zusammenhaengen.html