Mit der Prävention kann man nicht früh genug beginnen. Darin waren sich die beiden Vortragenden, Professor Jürgen Gallinat und Professor Götz Thomalla einig. Sie schilderten auf der ersten Veranstaltung der dritten Staffel der Gesundheitsakademie UKE, was die Medizin heute über die Ursachen von Demenz weiß, wie sich die Erkrankung bemerkbar macht, was man dann tun kann – und welche Vorsorge sinnvoll ist.
Beginnen wir mit der Vorsorge. „Alles, was für das Herz und die Gefäße gut ist, hilft auch dem Gehirn, fit zu bleiben“, sagte Professor Gallinat, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und zählte auf: Ausreichend Bewegung, die Spaß macht; mediterrane Ernährung, die in Ruhe genossen wird; moderater Alkoholgenuss; Freude am gemeinsamen Leben mit Freunden und Bekannten und vor allem – nie Rauchen. So kann das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, sinken. Wer sein Gehirn nicht gebraucht, der verliert es – oder umgekehrt: Wer sein Gehirn nutzt, hat mehr davon. „Also muten Sie sich geistig- und sozial-komplexe Situationen zu. Lassen Sie das Navi aus und lesen Sie lieber Karten. Und bleiben Sie vor allem mit Ihren Mitmenschen aktiv in Kontakt“, ermunterte der Psychiater.
Wie wichtig, soziale Interaktion sei, zeige eine neue UKE-Studie mit Wissenschaftlern, die auf der Neumayer Station 3 in der Antarktis 15 Monate überwinterten. Ihr Gehirn litt unter dem Mangel an Anregungen und veränderte sich.
Doch solche Veränderungen müssen nicht von Dauer sein. „Gehirnareale können offenbar auch wachsen, wenn sie trainiert werden“, so der Wissenschaftler. Er berichtete, dass in einer Studie Jugendliche acht Wochen lang täglich 30 Minuten das Computerspiel „SuperMario“ gespielt hätten. Das wirkte sich auf ihr Gehirn positiv aus. „Wir haben dann eine Studie mit Älteren gestaltet, für die wir extra ein komplexes Videospiel konzipiert haben. Auch hier konnten wir erstmals zeigen, dass Gehirnareale gezielt trainiert werden können. Aber“, warnte der Mediziner, „Sie müssen an dem, was sie tun, Spaß haben, sonst wird das nichts!“
Und manchmal hilft auch Gelassenheit weiter. Wer mal etwas vergisst, muss nicht gleich befürchten, dass eine Demenz die Ursache ist, betonte Professor Götz Thomalla. „Auch belastende Situationen oder depressive Verstimmungen können Vergesslichkeit begünstigen“, so der leitendende Oberarzt in der Klinik für Neurologie. Manchmal sei es allerdings ein erster Hinweis. „Daraus können sich dann milde Störungen entwickeln, die wir mit entsprechenden Tests auch erkennen können“, so der Neurologe. Aber erst wenn Menschen häufig etwas vergessen und außerdem ihr Denkvermögen nachlässt, oder ihnen das Sprechen schwer fällt, oder sie Gegenstände nicht mehr erkennen, oder ihnen (Alltags-)Planungen nicht mehr gelingen wollen, oder ihnen die Orientierung schwer fällt, deute das auf eine Demenz hin. „Halten diese Symptome mindestens sechs Monate an, dann sollten sie zu einem Neurologen oder in eine Gedächtnissprechstunde gehen, “, riet der Neurologe. Dabei ist nicht jede Demenz eine Demenz vom Alzheimer-Typ. „Etwa 1,2 Millionen Menschen sind an Demenz erkrankt. 60 Prozent von ihnen am Alzheimer-Typ, 20 Prozent an der sogenannten vaskulären Demenz und bei 20 Prozent handelt es sich um Mischformen“, so der Mediziner. Bei letzterer verursachen Durchblutungsstörungen im Gehirn die Symptome. „Oftmals gehen viele kleine Schlaganfälle, die unbemerkt bleiben, einer vaskulären Demenz voraus.“ Hoher Blutdruck, Diabetes, Herzrhythmusstörungen, Fettleibigkeit sowie dauerhaft erhöhte Cholesterinwerte vergrößern das Risiko, an einer vaskulären Demenz zu erkranken. Alles was die Durchblutung des Gehirns verbessert schützt also vor dieser Form der Demenz – und hilft bei der Behandlung.
Die vielgestaltigen Symptome der Alzheimer-Erkrankung hingegen werden durch einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen ausgelöst. Typisch ist, dass das Absterben der Hirnzellen mit der Ablagerung von Eiweißstrukturen einhergeht. Diese Eiweißschnipsel hemmen die Energie- und Sauerstoffversorgung des Gehirns und vermindern so die Leistungsfähigkeit der noch vorhandenen Nervenzellen. Die Behandlung zielt darauf ab, den Verlauf der Erkrankung so günstig wie möglich zu beeinflussen.
„Die Diagnostik ist nicht unser Problem, die Therapie schon“, räumte Professor Thomalla ein. „Deshalb forschen wir. Die Hamburg City Health Studie ist unter anderem darauf ausgelegt, die Ursachen von Demenzen besser zu verstehen, damit wir Therapien bekommen, die Ursachen beseitigen.“
Wie viel Spaß Vorsorge machen kann – das erlebten die Besucherinnen und Besucher auf dem Markt der Gesundheit im Anschluss an die beiden Vorträge. An Mitmach- und Informationsstationen ging es beispielsweise um Bewegung im Alltag, mediterrane Ernährung oder guten Umgang mit Stress. Medizinerinnen und Mediziner aus den Kliniken informierten anschaulich über Diagnostik und Therapie.
Aktuelles aus der öffentlichen Berichterstattung:
Hamburger Abendblatt:
VIDEO: UKE-Experten über Demenz und wie man vorbeugen kann
https://www.abendblatt.de/hamburg/article227491657/Demenz-Test-Vorbeugen-UKE-Gesundheitsakademie-Formen-Stadien-Hamburg-WG.html