Jedes Kind ist anders. Jedes Kind wächst auf seine Art und in seinem Tempo heran. Vor allem in den ersten Lebensmonaten entwickeln sich die Kleinen in einem atemberaubenden Tempo, nahezu täglich verändert sich etwas.
Gleichwohl gibt es Entwicklungsschritte, die zu einem bestimmten Alter erreicht sein sollten, damit der weitere Weg gut verläuft. Um eine altersgerechte, gesunde geistige und körperliche Entwicklung zu unterstützen, sind die Vorsorgeuntersuchungen ein wichtiger Baustein. Zehn Vorsorgeuntersuchungen (U1-U9) in den ersten sechs Jahren und eine Vorsorgeuntersuchung im Alter von 12 bis 14 Jahren (J1) durch Kinder- und Jugendärztinnen bzw. – ärzte zahlen die Krankenkassen. An diesem Abend nahm Frau Professorin Ania C. Muntau die Besucherinnen und Besucher der Gesundheitsakademie UKE mit auf eine Reise zu all den Maßnahmen, die Kinder unterstützen, eine solide Grundlage für ein gesundes Leben als Erwachsene zu legen. Auf dem Markt der Gesundheit wurden anschließend Vorsorge und Untersuchungsmethoden praktisch dargestellt – und die Besucherinnen und Besucher konnten experimentieren.
„Vorsorgeuntersuchungen gleich bei der Geburt sind wichtig“, betonte die Direktorin der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin. So erkrankten vier von 10.000 Neugeborenen an einem Herzfehler, der heute mit einer einfachen Messung erfasst und behandelt werden kann. Auch die Untersuchung auf Stoffwechselerkrankungen und Hormonstörungen sei ein richtiger Fortschritt. „Zwar trifft es nur eines von 1000 Kindern, aber das Neugeborene, das betroffen ist, da müssen wir schnell handeln“, betonte die Kinderärztin, die seit fast 30 Jahren auf dem Gebiet der seltenen genetischen Krankheiten und angeborenen Stoffwechselstörungen forscht und neue Therapien entwickelt hat.
Entschieden sprach sie sich für das Impfen aus. Impfen schütze gerade die Schwächsten – denn die Abwehrkräfte der Säuglinge sind noch so schwach, dass Kinderkrankheiten sie schädigen oder sogar töten können. Zugleich können diese Kinder noch nicht geimpft werden. „Der Schaden, den eine Impfung anrichten kann, ist auf jeden Fall geringer, als der Schaden, der durch die Nebenwirkung einer Kinderkrankheit wie beispielsweise Masern entstehen kann“, so die Ärztin. Bei Kindern, die an Masern erkranken, kann es ernste Komplikationen geben. So erleidet eines von 1000 Kindern eine Gehirnentzündung – und bei einem von 3000 Kindern tritt im Alter unter fünf Jahren nach (!) einer Maserninfektion die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) auf. Die Erkrankung verläuft in mehreren Stadien. Zuerst fallen die Kinder durch Veränderungen der Persönlichkeit auf. Dann kommt es zu Krampfanfällen und schließlich zu einer Demenz. Ob eine Impfpflicht die Lösung sei, das wisse sie nicht, so die Ärztin. „Aber klar ist, impfen hilft!“
Sorgen bereite, dass fünfzehn Prozent der drei- bis 17-Jährigen bereits übergewichtig und sechs Prozent sogar fettleibig sind, so die „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ namens KiGGS, die das Robert-Koch-Institut in Berlin durchführt. 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche sind zudem von Allergien betroffen, „und jeder zweite ist sensibilisiert“. Etwa 17 Prozent sind psychisch auffällig – und unübersehbar sei, dass die sozioökonomische Situation der Eltern ein Risikofaktor sei. Vorsorge bedeute deshalb auch, Familien zu stärken durch Elterngeld, Kitaausbau und dergleichen Maßnahmen.
Und eine wichtige Bitte zum Schluss: Lassen Sie den Kindern Freizeit! „Die Kinder haben Terminkalender wie Vorstandsvorsitzende. Jedes sechste Kind leidet unter Stress. 90 Prozent der Eltern realisieren das gar nicht und 40 Prozent denken noch, dass Ihr Kinder nicht ausreichend gefördert wird“, sagt Prof. Muntau und forderte zum Müßiggang gemeinsam mit den Kindern auf.