Den Taktgeber des Lebens stabil erhalten, dahin führen viele Wege. Und diese Wege gestalten sich zunehmend individueller. Ein Grund ist, dass es immer mehr Behandlungsmöglichkeiten von Herzerkrankungen gibt, wie Professor Hermann Reichenspurner in seinem Vortrag sehr anschaulich schilderte. Deshalb werden im Universitären Herz- und Gefäßzentrum auch Therapievorschläge gemeinsam von Kardiologen und Herzchirurgen erarbeitet, um die Frage zu beantworten: Wann macht welche Methode Sinn? Das Ergebnis wird ausführlich mit den Erkrankten besprochen.

Prof. Dr. Hermann Reichenspurner
Der Mediziner, Direktor der Klinik für Herz-und Gefäßchirurgie, hatte schon mit 16 Jahren entschieden, dass er Herzchirurg werden wollte. Mehr als 5000 Herzoperationen und mehr als 300 Herzen hat er bis heute transplantiert, auch bei Säuglingen und kleinen Kindern.
Bewegt verfolgten die Besucherinnen und Besucher, wie fröhlich Kinder wieder leben können, wenn sie nach einer Transplantation von den Herzunterstützungssystemen loskommen. Auch wenn diese das Überleben erlauben, ein Leben ist damit dauerhaft kaum vorstellbar. „Doch es mangelt an Spenderherzen“, betonte der Mediziner und bat die Anwesenden, unbedingt zu prüfen, ob sie sich vorstellen könnten, eine Spenderin oder ein Spender zu werden. Die Alternative seien Kunstherzimplantate, die aber nur eingeschränkt die Lebensqualität wieder herstellen könnten. Gleichwohl ist die Transplantation nur dann geboten, wenn vorher alle anderen, nicht-operativen Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind – und das sind viele, die sorgfältig abgewogen werden müssen.
Enorme Fortschritte gibt es auch bei den Operationsmethoden. „Die häufigsten Eingriffe zielen darauf ab, die Herzkranzgefäße wieder vollständig funktionsfähig zu machen. Pro Jahr erhalten etwa 50.000 bis 60.000 Patientinnen und Patienten eine Bypass-Operation und weitere 350.000 Stents, die mit dem Herzkatheter eingesetzt werden“, berichtete Prof. Reichenspurner.
Die Bypass-Operationen können mit und ohne Herz-Lungenmaschine erfolgen. Eine Bypass-Operation ohne Herz-Lungenmaschine ist insbesondere für Patientinnen und Patienten von Vorteil, die infolge von Begleiterkrankungen ein erhöhtes Risiko für Komplikationen haben. Für diese Eingriffe gibt es prinzipiell kein Höchstalter. „Ob eine Bypass-Operation oder Herzkatheter geeigneter ist, entscheidet ein interdisziplinäres Herz-Team. In seltenen Fällen können auch beide Verfahren kombiniert werden.“

Prof. Dr. Hermann Reichenspurner
Nach den Bypass-Operationen gehört die Herzklappenchirurgie in Deutschland zu den häufigsten herzchirurgischen Eingriffen. Mehr als 30.000 Eingriffe gibt es jährlich, die meisten an der Aortenklappe. „Prinzipiell können fehlerhafte Klappen durch eine Operation oder durch einen kathetergestützten Eingriff behandelt werden“, so der Chirurg. Die Besucherinnen und Besucher konnten an kurzen Filmen verfolgen, wie die Klappen bei der Operation rekonstruiert oder auch ersetzt werden. Wird ein operatives Verfahren gewählt, so stehen auch minimal-invasive Techniken zur Verfügung. Patienten, die ein hohes operatives Risiko haben, profitieren von einem kathetergestützten Eingriff. In jedem Fall berät zuvor das interdisziplinäre Herz-Team, was angeraten ist.

Doch kein Medikament, keine Therapie ist so wirkungsvoll wie gesunde Ernährung, ein gesunder Lebensstil insgesamt. 90 Prozent aller Herzinfarkte sind auf einen ungesunden Lebensstil zurückzuführen. Zu diesem Ergebnis kam die Interheart-Studie (Lancet 2004), an der 30.000 Menschen teilnahmen. Was jede und jeder selbst tun kann, das konnten die Besucherinnen und Besucher im Anschluss an den Vortrag auf dem Markt der Gesundheit entdecken – und auch üben! Einige sind auf den Geschmack gekommen.